Viren und ihre Auswirkungen
Viren existieren schon lange auf unserem Planeten. Welche verschiedenen Arten von Viren es gibt, wie diese den Menschen infizieren und welche Krankheiten sie auslösen bzw. welchen Nutzen sie für uns haben, wird hier erläutert.
Allgemeines
Bei Viren handelt es sich laut Definition um infektiöse organische Strukturen, oft auch als Partikel und Einheiten bezeichnet, die sich außerhalb von Zellen zwar verbreiten, sich ohne geeignete Wirtszellen aber nicht vermehren können. Viren gibt es schon sehr lange auf unserem Planeten, und sie haben bei der Evolution des Lebens eine entscheidende Rolle gespielt. Wie man heute annimmt, haben Viren und ihre Wirte eine „Ko-Evolution“ durchlaufen: Wirte mussten ständig neue Verteidigungsmechanismen entwickeln, um Viren abzuwehren, und Viren wiederum mussten sich daran anpassen. Dazu nahmen sie teilweise Gene vom Wirt in ihr Genom auf. Aber auch Wirtszellen eigneten sich im Lauf der Zeit virale Gene an. Es wird vermutet, dass Viren, die sich schnell weiterentwickeln, die Haupt-Quelle für neue Gene in unserer Biosphäre darstellen.
Streitfrage: Lebewesen oder nicht?
Unter ExpertInnen gehen schon lange die Meinungen bei der Frage auseinander, ob Viren zu den Lebewesen zählen oder nicht. Als Hauptargument gegen ihre Einstufung als Lebewesen gilt die Tatsache, dass Viren keinen eigenen Stoffwechsel besitzen und sich nicht selbständig vermehren können. Es handelt sich bei ihnen um „parasitäre Elemente“. Andererseits haben Viren die Evolution entscheidend vorangetrieben und spielen immer noch eine wichtige Rolle in der belebten Natur, sodass sie eigentlich zum Leben dazugehören. Die Frage hat sich im Lauf der Zeit zu einer philosophischen entwickelt, und auch Fachleute sind sich hier nicht einig. Trotz dieser Grundsatzdiskussion werden Viren meist zu den Mikroorganismen gezählt – darunter versteht man mikroskopisch kleine Lebewesen, die einzeln mit freiem Auge nicht sichtbar sind. Neben den Viren rechnet man auch Bakterien, Archaebakterien (Archaeen), Protozoa, Pilze und Algen zu den Mikroorganismen.
Behüllte und unbehüllte Viren
Unbehüllte Viren, auch nackte Viren genannt, bestehen nur aus ihrem Erbgut (DNA oder RNA) und einer Schicht aus Proteinen, dem Capsid, welches das Erbgut verpackt. Behüllte Viren besitzen zusätzlich noch eine äußere Hülle. Diese kann verschiedenen Viren ein sehr unterschiedliches Aussehen verleihen.
Die äußere Virushülle besteht aus einer Lipid-Doppelmembran und darin eingelagerten viralen Glykoproteinen, den Hüllproteinen. Die Lipidschicht stammt von der Wirtszelle, von der das Virus freigesetzt wurde, und entsteht je nach Virusart aus der Zellmembran an der Zelloberfläche oder aus Membranen im Inneren der Wirtszelle. Die Glykoproteine der Hülle sind im Elektronenmikroskop als Oberflächenfortsätze (Stacheln, Spikes) zu erkennen.
Die Hülle verleiht dem Virus generell bessere Stabilität gegenüber Umwelteinflüssen. Das erklärt, warum es sich bei den neu auftretenden Viren der letzten großen Pandemien immer um behüllte Viren handelte (HI-Virus, Influenzavirus, Ebolavirus, SARS-assoziiertes Coronavirus).
Darstellung eines nackten (unbehüllten) Virus und eines behüllten Virus mit Membranhülle.
Bild: Open Science - Lebenswissenschaften im Dialog.
Wie bereits angesprochen benötigen Viren für die Vermehrung einen Wirt, das heißt, sie dringen in eine Zelle ein und Nutzen dort die Mechanismen ihrer Wirtszelle. Behüllte Viren haben in der Evolution einen Vorteil gegenüber unbehüllten Viren: Die Hülle ermöglicht einem Virus eine leichtere Veränderung seiner Oberfläche. Dies beeinflusst unter anderem auch seine Aufnahme in die Wirtszelle. Die Immunabwehr des Wirtes kann mit Hülle leichter umgangen werden, und das Virus kann sich dadurch besser an den Wirt anpassen. Ob es sich bei einer Infektion um einen behüllten oder unbehüllten Virus handelt, bestimmt auch das Schicksal der Wirtszelle: Während nackte Viren die Wirtszelle beim Verlassen zerstören (Lyse), können behüllte Viren ohne Zerstörung der Zelle freigesetzt werden.
Das Vorhandensein einer Hülle macht Viren jedoch auch angreifbarer: Die Hülle wird beim Händewaschen durch die in Waschmitteln und Seife enthaltenen Tenside zerstört. Dadurch wird das Genom des Virus freigelegt, und dieses ist nicht mehr infektiös. Daher kann man sich durch Händewaschen mit Seife gut vor Viren schützen. Empfohlen wird gründliches Einseifen der Hände für rund 30 Sekunden und anschließendes Abwaschen mit warmem Wasser.
Die äußere Virushülle besteht aus einer Lipid-Doppelmembran und darin eingelagerten viralen Glykoproteinen, den Hüllproteinen. Die Lipidschicht stammt von der Wirtszelle, von der das Virus freigesetzt wurde, und entsteht je nach Virusart aus der Zellmembran an der Zelloberfläche oder aus Membranen im Inneren der Wirtszelle. Die Glykoproteine der Hülle sind im Elektronenmikroskop als Oberflächenfortsätze (Stacheln, Spikes) zu erkennen.
Die Hülle verleiht dem Virus generell bessere Stabilität gegenüber Umwelteinflüssen. Das erklärt, warum es sich bei den neu auftretenden Viren der letzten großen Pandemien immer um behüllte Viren handelte (HI-Virus, Influenzavirus, Ebolavirus, SARS-assoziiertes Coronavirus).
Wie bereits angesprochen benötigen Viren für die Vermehrung einen Wirt, das heißt, sie dringen in eine Zelle ein und Nutzen dort die Mechanismen ihrer Wirtszelle. Behüllte Viren haben in der Evolution einen Vorteil gegenüber unbehüllten Viren: Die Hülle ermöglicht einem Virus eine leichtere Veränderung seiner Oberfläche. Dies beeinflusst unter anderem auch seine Aufnahme in die Wirtszelle. Die Immunabwehr des Wirtes kann mit Hülle leichter umgangen werden, und das Virus kann sich dadurch besser an den Wirt anpassen. Ob es sich bei einer Infektion um einen behüllten oder unbehüllten Virus handelt, bestimmt auch das Schicksal der Wirtszelle: Während nackte Viren die Wirtszelle beim Verlassen zerstören (Lyse), können behüllte Viren ohne Zerstörung der Zelle freigesetzt werden.
Ablauf einer Virusinfektion beim Menschen
Viren können eine Vielzahl an Lebewesen infizieren: Menschen, Tiere, Pflanzen, selbst andere Mikroorganismen wie Bakterien können von Viren befallen werden. Im Fall von Bakterien werden die Viren dann als Bakteriophagen bezeichnet. Jede Virusart nutzt dabei bestimmte Zellen, Organe und Lebewesen für die eigene Vermehrung.
Der Replikationszyklus eines Virus startet mit seiner Aufnahme in die Wirtszelle und endet mit der Freisetzung von Virionen – als Virion wird ein komplettes, infektiöses Viruspartikel außerhalb einer Wirtszelle bezeichnet. Dieser Prozess läuft in verschiedenen Schritten ab, hier dargestellt am Beispiel eines behüllten Virus.
Anheften (Adsorption): Ein Virion heftet sich an ein Oberflächenprotein (Rezeptor) auf einer Wirtszelle.
Eindringen (Penetration): Durch Endozytose wird das Virion mit der Zellmembran der Wirtszelle eingestülpt und gelangt so ins Zellinnere.
Freisetzung (Uncoating): Die Hülle des Viruspartikels wird entfernt, die Nukleinsäure wird freigesetzt.
Vermehrung (Replikation): Die Nukleinsäure des Virus – DNA oder RNA – wird von der entsprechenden Maschinerie des Wirtes vervielfältigt.
Proteinbiosynthese: Die vervielfältigte Nukleinsäure des Virus dient als Vorlage, um im Zytoplasma der Zelle dann Hüllproteine und weitere Bestandteile der Virionen zu synthetisieren. Auch dafür wird die Maschinerie des Wirtes genutzt.
Zusammenbau (Assembly): In der Wirtszelle werden aus den Nukleinsäure- und Proteinbestandteilen neue Viruspartikel zusammengesetzt.
Freisetzung (Release): Virionen werden freigesetzt. Dies geschieht bei behüllten Viren durch sogenannte Knospung, bei der die Wirtszelle intakt bleibt, und bei unbehüllten Viren mittels Zerstörung der Wirtszelle (Zelllyse). Die Anzahl an neugebildeten Virionen einer infizierten Wirtszelle nennt man burst size. Der Infektionszyklus kann nun wieder von vorne beginnen.
Eine Virusinfektion beim Menschen kann je nach Art des Virus sehr unterschiedlich verlaufen. Hier gibt es prinzipiell folgende Möglichkeiten: Das Virus dringt in die Wirtszelle ein und zerstört diese sofort, und Virionen werden freigesetzt. Man spricht in diesem Fall von einer lytischen Infektion. Bei einer lysogenen Infektion hingegen wird die Wirtszelle nicht gleich zerstört. Stattdessen vermehrt sich das Virus nicht mehr und schlummert im Wirten. Durch einen bestimmten Auslöser kann das Virus wieder reaktiviert werden, was oft erst nach vielen Jahren passiert. Dies ist beispielsweise bei Herpes-simplex-Viren, Varizella-Zoster-Viren, Cytomegalieviren und Epstein-Barr-Viren der Fall, die meisten Menschen sind latent mit diesen Viren infiziert.
Generell lösen virale Infektionen – egal, wie sie verlaufen – beim Menschen immer Entzündungsreaktionen aus und aktivieren das Immunsystem, um die Viren bzw. die von ihnen befallenen Zellen zu eliminieren. Dabei werden im Blut Antikörper gegen das Virus gebildet. Diese Tatsache dient als Grundlage für Tests auf durchlaufene Viruserkrankungen, bei denen das Vorhandensein von Antikörpern überprüft wird.
Mutationen, Epidemien und Pandemien
Wie schon eingangs erwähnt, waren und sind Viren für die Evolution des Lebens, wie wir es heute kennen, mit verantwortlich und somit ein wichtiger Teil unseres Planeten. Mit Viren werden jedoch meist negative Dinge wie Krankheit und Tod assoziiert. Durch Viren verursachte Epidemien und Pandemien haben im Lauf der Geschichte bereits Millionen von Menschen das Leben gekostet. Beispiele dafür sind die spanische Grippe, HI-V, das Ebolafieber, die Vogelgrippe, die Schweinegrippe, SARS-CoV, und jetzt SARS-CoV-2. Die Menschen haben deswegen Angst vor den kleinen, infektiösen Viruspartikeln. Man sieht sie nicht, und doch verbreiten sie sich über die Luft mittels Tröpfcheninfektion (z. B. Grippeviren) oder über kontaminierte Oberflächen durch Schmierinfektion (z. B. Herpes simplex).
Prinzipiell ist es nicht das Ziel von Viren, ihre Wirte zu töten, da sie sich somit die Grundlage für die eigene Vermehrung entziehen würden. Viren, die Zeit hatten, sich anzupassen, fügen ihren Wirten deshalb auch nur geringen Schaden zu. Da sich Viren aber durch Mutationen sehr schnell verändern können, kann sich ein harmloses Virus rasch zu einer gefährlicheren Version wandeln. Das ist auch die Angst, die beispielsweise bei jeder Grippewelle mitschwingt. Eine bestimmte Problematik schwingt hier auch immer mit: Während Bakterien mit Antibiotika bekämpft werden können, wirken diese bei Viren nicht, und im Fall einer Virusinfektion gibt es keine vergleichbare Medizin.
Möglicher Nutzen von Viren
Heute wissen wir, dass der Mensch dicht mit Mikroorganismen besiedelt ist. Über den Vorteil von Bakterien, die mit dem Menschen assoziiert sind, ist mittlerweile schon relativ viel bekannt. Obwohl Viren die größte und vielfältigste Gruppe unter den Mikroorganismen darstellen, wissen wir zu ihrem Nutzen im menschlichen Körper im Vergleich dazu noch relativ wenig. Einer der Gründe dafür ist die große Diversität der Viren im Menschen: Wir kennen neben Viren, die menschliche Zellen infizieren auch solche, die Bakterien und Pilze im Körper befallen. Auch Pflanzenviren gelangen mit der Nahrung in den Darm. Im Lauf der Evolution ist außerdem auch virale DNA im Erbgut des Menschen zurückgeblieben. Zum Nutzen der komplexen viralen Gesellschaft im Körper gibt es aktuell folgende Vermutungen: Harmlose Virusinfektionen, die chronisch verlaufen, könnten ein wichtiges Training für das Immunsystem darstellen und die Abwehr von schwereren Virusinfektionen vorbeugen. Vermutlich spielen Viren auch eine Rolle bei Autoimmunerkrankungen, indem sie das Immunsystem ständig fordern und es so davon abhalten, sich gegen körpereigene Zellen zu richten. Bakteriophagen – Viren, die Bakterien infizieren – kontrollieren vermutlich auch im menschlichen Körper das Gleichgewicht unter den Bakterien und haben so vielleicht indirekt eine wichtige Rolle für unsere Gesundheit. Obwohl Viren häufig mit der Entstehung von Krebserkrankungen in Zusammenhang gebracht werden, könnten sie bei Krebs auch einen positiven Effekt haben: Durch ihre Vorliebe für Zellen, die sich schnell teilen, könnten sie das Immunsystem dabei unterstützen, Krebszellen zu eliminieren.
Der Mensch hat bereits gelernt, sich Viren zunutze zu machen. Diese spielen heute eine wichtige Rolle in Forschung und Entwicklung sowie im medizinischen Bereich. Viren werden beispielsweise für Gentherapien genutzt, um genetisches Material in Körperzellen einzuschleusen und so Krankheiten zu bekämpfen. Auch bei der Phagentherapie finden Vien Anwendung, hier werden Bakteriophagen zum Kampf gegen krankheitsverursachende Bakterien eingesetzt. Die Phagentherapie ist schon länger bekannt, hat aber in Zeiten der steigenden Antibiotikaresistenzen einen neuen Aufschwung erlebt.
Ob Viren weiterhin nur als Feinde oder auch als Freunde des Menschen angesehen werden, wird sicherlich von neuen Erkenntnissen zu ihrer Rolle in unserem Körper abhängen. Eines wird jedoch sicher bleiben: Je besser man Viren versteht, umso besser wird man auch hier in Zukunft gewappnet sein.